Im Jahre 1926 wurde die bisherige Patronsloge als behelfsmäßiger Gemeinderaum in Benutzung genommen. Er wurde ab diesem Zeitpunkt von allen Gemeindegruppen genutzt. Insbesondere für Konfirmandenstunden und Bibelstunden. Auch wurde im strengen Winter dort die Kirche abgehalten. Die Gemeinde konnte sich nicht immer leisten den großen Kirchenraum von ca. 4.300 cbm zu heizen.
Dieser Raum war nur 39 qm groß. Bibelstunden mit 110 Anwesenden waren keine Seltenheit. Gottesdienste wurden 2fach oder 3fach abgehalten, In der Bibelwoche vom 30.01. bis 06.02.1955 wurde von 680 Personen besucht, das bedeutet 97 Personen im durchschnitt in diesem kleinen Raum.
Seit dem Jahre 1936 hat sich der Kirchenvorstand bemüht um einen geeigneten Raum für die Gemeindearbeit zu finden. Leider konnte bisher durch die Kriegszeit, Nachkriegszeit, fehlendes Eigenkapital und Zuschüsse seitens der Kirche bisher kein Neubau finanziert werden.
Erst Anfang des Jahres 1955 wurden die bürokratischen Hürden überwunden. Es konnte mit dem Neubau eines Gemeindehauses begonnen werden.
Die Grundsteinlegung entsprechend feierlich begangen.
Unser Dekan Knierriem bei der Grundsteinlegung
Noch wussten die meisten Gederner nicht welche Größe der neue Bau haben würde.
Im damaligen Bauausschuss für diesen Neubau waren tätig: Erwin Diehl, Josef Hambach, Bernhard Oberheim, Hermann Mehring, Wilhelm Gleiber, Hermann Meuer, Elmar Bonn, Richard Diehl I, Richard Diehl II, Reinhard Hof, Hermann Karl Braun, Karl Bieger IV, Lehrer Fernges, Karl Buß, Karl Heinrich Oberheim, Hermann Ackermann, Bürgermeister Merkel, Wilhelm Bieger, Alex Reuss, Ernst Sauer, Mayser, Rudolf Rössner, Adolf Diehl. Die Organisation übernahmen Buß und Fernges, die Leitung hatte Dekan Knierriem und Karl Bieger, das Fuhrwesen übernahm Hermann Ackermann.
Deren Namen sind unbekannt.
Auch der Posaunenchor, der bisher seine Übungsstunden immer im Gasthaus abhalten mußte war besonders über das neue Gemeindehaus dankbar.
Hier ein Bild mit den Namen der damaligen Musiker.
Unser jetziger Dirigent Horst Kissel konnte die Namen der Bläser ermitteln.
Der Kirchenchor hatte bestimmt auch einige Lieder gesungen, darüber liegen uns jedoch noch keine Bilder vor.
Durch die Mithilfe der fleißigen Helfer konnte am 29.07.1955 Richtfest gefeiert werden. Am 04.12.1955 wurden die Einweihungsfeierlichkeiten abgehalten.
In der Presse wurde folgender Artikel veröffentlicht.
Festtag in Gedern
Einweihung des evangelischen Gemeindehauses
Der Bau eines evangelischen Gemeindehauses sei keine Modesache des Kirchenvorstandes, sondern entspringe dem Ruf an die Christen zum Wachsein in einer Zeit der Bedrängnis, sagte Propst Weinberger aus Gießen in seiner Festpredigt zur Einweihung des evangelischen Gemeindehauses am 2. Advent in Gedern. Die Einweihung gestaltete sich zu einem Festtag für die ganze Gemeinde.
Das Gemeindehaus stehe heute neben der Kirche und erfülle über den Gottesdienstraum hinaus wichtige seelsorgliche Aufgaben. Der christliche Westen, so sagte Propst Weinberger, laufe Gefahr, die Lehren der Katastrophe von 1945 zu vergessen und sich in einer falschen Sicherheit geborgen zu fühlen. So gehöre das Gemeindehaus zur Arbeit der Kirche, die nicht im Vergangenen lebe, sondern mit der Zeit gehe und neue Wege der Menschführung wagen müsse.
Dekan Knieriem dankte allen Helfern beim Bau des Gemeindehauses, besonders auch dem Jungen Architekten Straub aus Rainrod, der seit dem vergangenen Sommer den Bau leitete. Das Haus hat einen Saal für 250 Personen. Die Räume sind behaglich und haben Warmluftheizung. Im Obergeschoß ist ein Jugendraum, auch ein Sitzungszimmer ist vorhanden. In den Wintermonaten soll im Gemeindehaus auch Gottesdienst gehalten werden. Dekan Knieriem sagte, die Kirchengemeinde glaube mit ihrem neuen Gemeindehaus auch zum kulturellen Leben der Stadt Gedern beizutragen und zwar kurz vor der 600 Jahrfeier der Stadt.
Bürgermeister Merkel begrüßte die Errichtung des Hauses; ein dringender Notstand sei damit behoben. Der Bürgermeister begrüßte besonders die Jugendarbeit der Kirchengemeinde, die von der Stadt weiterhin gefördert werden würde. Der Patron der Kirche, Fürst Christian zu Stolberg-Wernigerode erinnerte an die jahrhundertlange Verbundenheit seines Hauses mit der Gederner Kirchengemeinde und dankte neben allen anderen Helfern besonders Dekan Knieriem. Das Gemeindehaus solle den Menschen helfen, ihr geistiges Leben über alle materiellen Bedürfnisse zu setzten.
Pfarrer Schwalbach überbrachte die Glückwünsche der katholischen Sankt Petrus-Gemeinde und sagte, die Not der ersten Nachkriegsjahre habe noch nicht aufgehört, sondern sei im Geistigen und Seelischen noch größer geworden. Ob die Welt künftig mit oder ohne Gott aufgebaut werde, das hänge heute von der Haltung der Christen ab; das neue Haus werde helfen den Christen in seiner Entscheidung zu bestärken. Der Gesangverein „Liederkranz“ und der Kirchen- und Posaunenchor umrahmten die Feier.
In der Abrechnung vom 02.05.1958 an die Kirchenleitung ergaben sich folgende Zahlen: Das Gemeindehaus kostete insgesamt 61.523,07 DM. Davon waren 20.000,- DM verlorenen Zuschüsse seitens der Kirche, Spenden der Gederner Gemeindemitgliedern 5.780,50 und die restlichen 35.742,57 werden durch Darlehen und laufende Mitteln sowie Eigenleistungen der Gemeinde getragen.